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Jedes Unternehmen, das von der europäischen oder deutschen Güterkontrollliste erfasste Güter (Waren, Software oder Technologie) exportiert, muss grundsätzlich eine(n) sogenannte(n) „Ausfuhrverantwortliche(n)“ (AV) gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) benannt haben (nachfolgend nur als Ausfuhrverantwortlicher (AV) genannt).

Das BAFA bearbeitet Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen nur, wenn vom antragstellenden Unternehmen zuvor ein Ausfuhrverantwortlicher benannt wurde. Bewertet das BAFA den Ausfuhrverantwortlichen für unzuverlässig in Bezug auf die Gewährleistung der Einhaltung der europäischen und deutschen Exportkontrollvorschriften durch sein Unternehmen, werden ebenfalls keine Anträge von diesem Unternehmen bearbeitet (§ 8 Abs. 2 AWG).

Der Ausfuhrverantwortliche muss zwingend ein Mitglied der Geschäftsführung sein, in dessen Geschäftsbereich auch die Exportkontrolle nach interner Geschäftsverteilung tatsächlich fällt. Eine Prokura allein reicht nicht, um als AV vom BAFA anerkannt zu werden. Der AV hat insbesondere die Organisations-, Personalauswahl- und Weiterbildungspflicht in Bezug auf die Exportkontrolle. Diese besondere Verantwortung ist nicht delegierbar, auch wenn andere Personen mit der Umsetzung im Tagesgeschäft beauftragt sind. Dem AV kommt somit eine Schlüsselfunktion in der Exportkontrolle zu, der er aus Sicht der Behörden und Gerichte nur gerecht werden kann, wenn er ein den Anforderungen seines Geschäfts entsprechendes Compliance Management System (CMS) kontinuierlich unterhält, überwacht und verbessert. Die synonyme Bezeichnung des BAFA für ein solches CMS lautet Internal Compliance Program (ICP). Die Inhalte hinter diesen beiden Bezeichnungen sind grundsätzlich die gleichen.

Vor dem Hintergrund dieser Schlüsselfunktion des AV und der Notwendigkeit eines entsprechenden CMS/ICP für die Exportkontrolle, wurde die bisherige Bekanntmachung des BAFA „zu den Grundsätzen der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern“ mit Wirkung zum 20.10.2020 überholt und am 19.10.2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die neue Bekanntmachung enthält entsprechend klarer und deutlicher formulierte rechtliche Hinweise und organisatorische Empfehlungen an Unternehmen. Zeitgleich wurden auch die Formulare für die Benennung des AV (Formular AV1) und die Delegierung seiner Zeichnungsbefugnis für Genehmigungsanträge auf Mitarbeiter (Formular AV2) im Sinne der überholten Bekanntmachung entsprechend angepasst. Neu ist, dass diese Formulare ab sofort auch elektronisch an das BAFA übermittelt werden können. Es gilt eine Übergangsfrist zur Anerkennung der noch vor dem 20.10.2020 auf den Vorgängerformularen abgegebenen Erklärungen bis zum 31.01.2021.

Ein einmal mit dem alten oder nun neuen Formular AV1 benannter AV gilt als solcher bis zum Widerruf seiner Benennung gegenüber dem BAFA. Ein zwischenzeitlicher Wechsel oder ein Ausscheiden des AV ist dem BAFA unverzüglich mitzuteilen. Die Formularänderung führt laut BAFA nicht dazu, dass nach Ablauf der Übergangsfrist die AV1 für im Amt bleibende AV erneuert werden muss. Die mögliche Delegierung seiner ausdrücklich alleinigen Zeichnungsbefugnis von Ausfuhrgenehmigungsanträgen auf Mitarbeiter (z.B. eine(n) sogenannte(n) Exportkontrollbeauftragte(n) muss dagegen jährlich mit dem Vordruck AV2 gegenüber dem BAFA erneuert werden, daher nach der Übergangszeit und Ablauf der einjährigen Gültigkeit der Erklärung, zwingend mit dem neuen AV2 Formular.

Die Vielzahl der in Deutschland sitzenden exportierenden Unternehmen verfügt über keine gelisteten Güter, die die förmliche Benennung eines AV für die Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen erforderlich macht. Auch diese Unternehmen können jedoch – je nach den Geschäftsfeldern, auf denen sie sich bewegen – ebenso von den deutschen und europäischen Exportkontrollregeln betroffen sein. Bestimmte kritische Verwendungszwecke, wie z.B. militärische Zwecke, in kritischen Ländern (z.B. Waffenembargoländern) führen so auch bei nicht gelisteten Gütern zu Ausfuhrgenehmigungspflichten. Wegen möglichen Verstößen bei nicht gelisteten Gütern oder gegen Embargovorschriften, steht zuvorderst die gesamte Geschäftsführung im Fokus von ermittelnden Behörden und Gerichten.  Auch solche Unternehmen tun daher grundsätzlich gut daran, die Frage der Verantwortung innerhalb der Geschäftsführung in Bezug auf die Exportkontrolle klar zu adressieren und zu organisieren, auch wenn kein AV gegenüber dem BAFA zwingend benannt werden muss.

Meine Empfehlung zu dieser neuen Bekanntmachung des BAFA, ihrem Hintergrund und der sie begleitenden Änderung der Formulare ist es, dass für die Exportkontrolle verantwortliche Mitarbeiter regelmäßig initiativ ihren jeweiligen Ausfuhrverantwortlichen oder der gesamten Geschäftsführung über diese und ähnliche Änderungen berichten. Die überholte Bekanntmachung kann als eine Art „Mahnung“ oder „erhobener Zeigefinger“ in Bezug auf die pflichtgemäße Erfüllung der Compliance-Anforderungen aus der Exportkontrolle verstanden werden. Deswegen sollte bei diesem Anlass gleichzeitig das CMS/ICP in angemessener Form einer mindestens groben und stichprobenweisen Überprüfung durch den AV, exportkontrollbeauftragte Personen oder externe Fachleute unterzogen werden.

Sollten im Rahmen einer solchen Überprüfung Unzulänglichkeiten (z.B. mangelnde Schulung der Mitarbeiter, versäumte Prüfung des Produktportfolios gegen sich jährlich ändernde Güterlisten), Fehler (z.B. versäumte AV1 oder AV2 Erneuerungen in Vergangenheit), oder sogar Verstöße (falsche Zollerklärungen bis ungenehmigte Ausfuhren) festgestellt werden, sind diese entsprechend abzustellen, nachzuholen oder anzuzeigen. Diese Vorgänge und Entscheidungen sollten dokumentiert werden, um so ein sichtbares Element eines funktionierenden CMS/ICP für die Exportkontrolle zu sein, unter der besonderen persönlichen Verantwortung der aus der Geschäftsführung benannten Person, bzw. des Ausfuhrverantwortlichen, als deren „Chefsache“.