Unabhängig davon, ob Unternehmen eine Ein-Personen-Gesellschaft, ein kleines/mittelständiges Unternehmen oder ein multinationaler Konzern sind, gemeinsam haben diese Unternehmen alle, dass sie sich im Rahmen ihres jeweiligen exportkontrollrechtlichen „Fußabdrucks“ den geltenden Anforderungen des deutschen, EU und ggf. US-amerikanischen Exportkontroll- und Sanktionsrechts stellen müssen.
So setzen die außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands und internationale Übereinkünfte der Europäischen Union und seiner Mitgliedstaaten dem grundsätzlich freien Außenwirtschaftsverkehr Grenzen. Die Verantwortung für die Einhaltung dieser Grenzen tragen die Unternehmen und innerhalb der Unternehmen primär die Unternehmensleitung. Es ist Aufgabe der Unternehmensleitung durch organisatorische Maßnahmen in Form eines ICP rechtskonformes Handeln der Unternehmensangehörigen sicherzustellen. Das rechtliche Umfeld der Exportkontrolle ist komplex und ständigen Änderungen unterworfen. Die Beachtung seiner Bestimmungen kann schon daher nicht als „Selbstläufer“ bewertet werden.
Alle Maßnahmen, die ein Unternehmen zur Einhaltung der sie betreffenden Regeln der Exportkontrolle implementiert, werden als Internal Compliance Programme (ICP) bezeichnet. ICPs bezwecken die präventive Verhinderung von Verstößen gegen das Exportkontrollrecht und dienen gleichzeitig dem Schutz des Unternehmens, seiner Unternehmensleitung und seiner Mitarbeiter vor den Rechtsfolgen von „Non-Compliance“. Diese reichen von einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung und Reputationsschäden bis hin zum Verlust der Zuverlässigkeit aus Behördensicht und damit der Grundvoraussetzung für die Erteilung von exportkontrollrechtlichen Genehmigungen.
Neben deutschem und europäischem Recht zur Exportkontrolle und zu Sanktionen (Embargos), kann für in Deutschland/der EU ansässige Exporteure auch das aus US Sicht extraterritorial geltende US Exportkontroll- und Sanktionsrecht zusätzlich anwendbar sein.
Meine empfohlene Vorgehensweise zur Ermittlung des eigenen exportkontrollrechtlichen Fußabdrucks, des dafür erforderlichen ICP, dessen Umsetzung und kontinuierliche Überprüfung und Optimierung in der Zukunft, ist die nachfolgende in zwei möglichen Szenarien:
Zu A. Verteidigung/Nachsorge
Auch das beste ICP kann keinen 100 % Schutz vor Compliance-Verstößen gewährleiten. Kam es in der Vergangenheit zu festgestellten Verstößen gegen die Regeln der Exportkontrolle, geht es erst primär um die „Verteidigung“ des betroffenen Unternehmens, der Unternehmensleitung und der Mitarbeiter. Hierbei spielt das vorhandene und ggf. nachzubessernde ICP bereits eine wichtige und mitentscheidende Rolle zum Ausgang solcher Verfahren. Aufgedeckte mögliche Lücken des ICP gilt es gezielt und dauerhaft für die Zukunft zu schließen. Ein gelungene ICP Verbesserung als „Nachsorge“ liefert gute Argumente für die Verteidigung bzw. zur Abmilderung von möglichen Konsequenzen von Verstößen. Dies auch im Rahmen einer Selbstanzeige.
Zu B. Präventiv/Vorsorge
Ohne den Druck von Ermittlungsverfahren wegen erkannter oder möglicher Verstöße gegen die Regeln der Exportkontrolle macht es oftmals mehr Sinn, präventiv das vorhandene ICP in Ruhe und umfassend auf Herz und Nieren zu prüfen, um so – im Rahmen einer Vorsorge – Verstöße und deren Folgen für die Zukunft von vornherein zu vermeiden bzw. abzumildern.
Ich empfehle mit den neun Elementen eines ICP für die Exportkontrolle zu beginnen. Deren Voraussetzungen sind dann im Einzelnen und beispielhaft in Form einer Benchmark für Best Practice zu erläutern und anhand von Checklisten abzuprüfen. Diese Benchmark für Best Practice fußt auf dem ICP-Merkblatt der deutschen Exportkontrollbehörde (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA) und der Empfehlung der EU Kommission (EU) 2019/1318 zu ICP. Im Rahmen einer Checkliste zur Risikoanalyse erfolgt u.a. die Ermittlung des exportkontrollrechtlichen Fußbadrucks des Unternehmens. Diese Benchmark-Prüfung kann als Selbst- und/oder Fremdbewertung eines Experten erfolgen. Daraus ermittelte notwendige Aktionspunkte und Handlungsempfehlungen können nach Information und Entscheidung durch die Unternehmensleitung umgesetzt und kontrolliert werden. Das so erstellte ICP sollte danach regelmäßig kontrolliert werden, da Änderungen der Rechtslage, der Produktpalette oder von Prozessen das ICP unwirksam machen können.
Die Anforderungen an Unternehmen ein ICP für die Exportkontrolle gemäß ihrem jeweiligen Fußabdruck aufzubauen, vorzuhalten und kontinuierlich zu verbessern, steigen weiter an – nicht zuletzt aufgrund politischer Entwicklungen und neuer Arten von Bedrohungen für Frieden, Freiheit und Menschenrechte auf der ganzen Welt. Die neue EU Dual-use Verordnung (VO (EU) Nr. 2021/821), die am 9.9.2021 in Kraft getreten ist, reagiert u.a. auf solche Bedrohungen und hat die Bedeutung von ICPs stärker noch als bisher im Fokus.
So Sie Fragen zu den Inhalten des ICP Modells insgesamt, zu seiner Umsetzung oder auch nur zu einzelnen Elementen des ICP haben und Unterstützung benötigen, sprechen Sie mich gerne an.