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Innerhalb nur eines Jahres, seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, ist am 25.2.2023 das zehnte Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet worden.

I. Hintergrund des zehnten EU-Sanktionspaketes

Anlässlich des Jahrestages seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und des weiter anhaltenden Angriffskriegs gegen die Ukraine, verabschiedete der Rat ein zehntes Paket von Sanktionen. Die Maßnahmen beinhalten grob zusammengefasst die folgenden Verbote:

  • Verbot der Durchfuhr gelisteter Dual-Use-Güter durch Russland mit genehmigungspflichtigen Ausnahmen (Art. 2 Abs. 1a, 3a, 4a)
  • Verbot der Durchfuhr von Feuerwaffen nach der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 (Feuerwaffen-Verordnung) durch Russland (Art. 2aa Abs. 1a)
  • Verbot für russische Staatsangehörige und in Russland ansässige Personen, Leitungsposten in Unternehmen von kritischer Infrastruktur in der EU zu bekleiden (Art. 5o)
  • Verbot des Bereitstellens von Speicherkapazitäten für Erdgas für russische Staatsangehörige, in Russland ansässige Personen oder in Russland niedergelassene Unternehmen (Art. 5p)
  • Aufnahme von weiteren Gütern in Anhang VII
  • Aufnahme von weiteren Gütern in den Anhängen XI, XXI und XXIII sowie Ausnahmen für Altverträge für neu aufgenommene Güter
  • Aufnahme einer genehmigungspflichtigen Ausnahme für Güter des Anhang XXIII zur persönlichen Verwendung im Haushalt

Diese güterbezogenen, wie auch die weiteren personenbezogenen Verschärfungen der Sanktionen wurden wieder über Änderungen der dafür entsprechend seit 2014 bestehenden Embargo-Verordnungen umgesetzt. Dies sind die VO (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen gegen Russland und die VO (EU) Nr. 269/2014 über Maßnahmen zur territorialen Unversehrtheit der Ukraine. Letztere Verordnung beinhaltet die Namensliste von Personen, Organisationen und Einrichtungen, mit denen keinerlei Geschäfte gemacht werden dürfen und deren Vermögen eingefroren wird. Die Liste umfasst derzeit mehr als 1600 Einträge.

Alle EU-Sanktionspakete und wesentlichen Änderungen der Namenslisten, erfolgten in einem sehr kurzen Zeitraum im Jahr 2022/2023 parallel zur russischen Eskalation und erfordern so von Unternehmen entsprechend kurzfristige Überprüfungen ihrer Geschäftspartner, Produkte und ggf. die Anpassungen ihrer Prozesse, wie die nachfolgende Übersicht veranschaulichen soll.

Restriktive EU Maßnahmen gegen Russland - 2022-12-16

Die Änderungen der vorgenannten Verordnungen treten regelmäßig bereits am ersten Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft, die rein personenbezogenen Änderungen regelmäßig sogar noch früher, am Tag ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt. Soweit ein Verbotstatbestand erfüllt ist und keine sogenannten Altvertragsklauseln für bereits zuvor konkret vereinbarte Geschäfte oder andere Ausnahmen greifen, ist das EU-Embargo quasi “scharfgeschaltet“. Im Fall von tatsächlicher Unkenntnis über ein neues Verbot bei einem Verstoß, gibt es lediglich eine sehr kurze zweitägige Schonfrist gemäß § 18 Abs. 11 des Außenwirtschaftsgesetzes.

Vor dem Hintergrund dieser komplexen Regeln ist es für Unternehmen wichtig ein entsprechendes Internal Compliance Programme (ICP) für EU-Embargos – wie das Russland-Embargo im Speziellen und daneben auch für die Exportkontrolle im Allgemeinen – permanent und entsprechend dem eigenen Risiko, vorzuhalten. Anderenfalls können Embargoregeln der EU zu möglichen Stolpersteinen werden.

II. Ausblick

Nach zehn EU-Sanktionspaketen innerhalb nur eines Jahres sieht sich Russland einem enormen wirtschaftspolitischen Druck ausgesetzt, der so auch seine Kriegsmaschinerie verlangsamt. Druck erzeugt aber bekanntlich auch Gegendruck und so war es nur eine Frage der Zeit, wann das Thema Umgehungen der EU-Sanktionen aufgrund seines steigenden Umfangs in den besonderen Fokus rücken würde. Nach dem Willen des deutschen Wirtschaftsministers sollen daher mit dem nächsten und elften EU-Sanktionspaket Maßnahmen verabschiedet werden, die vor allem Umgehungen der EU-Sanktionen effektiv und am besten schon im Ansatz verhindern. So ist angedacht mittels der EU-Zolldaten ein Screening nach auffälligen Warenströmen vorzunehmen, wie es angeblich in Dänemark bereits erfolgreich praktiziert wird. Daneben sind in der Diskussion und Abstimmung mit den EU-Partnern Maßnahmen, die weitere Akteure in die Pflicht nehmen sollen:

  1. Für EU-Unternehmen könnten so Verschärfungen zum Thema „transparente Endverbleibserklärungen“ von Empfängern in bestimmten Drittstaaten kommen.
  2. Unternehmen in Drittstaaten, die sich (einmal) an Umgehungen tatsächlich beteiligt haben, sollen vom weiteren Geschäft mit sanktionierten Gütern gänzlich ausgeschlossen werden können. Diskutiert wird auch eine mögliche Listung solcher Personen.
  3. Drittstaaten, die sich in Bezug auf die EU-Sanktionen gegen Russland nicht mit der EU kooperativ zeigen, sollen EU-Zollerleichterungen verlieren können.
  4. Zudem soll es eine „Jedermannpflicht“ geben für Personen, die über sanktionsrelevante Informationen verfügen, diese den EU-Sanktionsdurchsetzungsbehörden zu melden.

Zehn umfangreiche EU-Sanktionspakete und der bereits erkennbare Schatten eines bald kommenden elften EU-Sanktionspakets, unterstreichen meines Erachtens die Notwendigkeit und Bedeutung des Vorhaltens eines ICP für eine risikobasierte Umsetzung dieser Herausforderungen in die Praxis von Unternehmen.