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EU-Sanktionen im Allgemeinen und die EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation im Besonderen, erfordern eine effektive Umsetzung durch die zuständigen Behörden als auch durch die Wirtschaftsakteure der Union. Angesichts des Umgehungsrisikos der EU-Sanktionen gegen Russland, hatte die EU-Kommission schon kurz nach der zweiten russischen Invasion der Ukraine in einer Mitteilung (ABL. C 145 I/1 vom 1.4.2022) den EU-Wirtschaftsakteuren „angemessene Schritte zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht“ empfohlen.

Heute, nach mehr als einem Dutzend vollgepackten EU-Sanktionspaketen gegen Russland, zeigt sich wie richtig aber auch wenig erfolgreich die damalige Empfehlung der EU-Kommission war. Die Umgehung der EU-Sanktionen gegen Russland ist damals wie heute das von Seiten der EU erkannte und sich fortsetzende Dauerproblem. In der aktuellen Praxis gilt es ein „Katz und Maus-Spiel“ zwischen den Hauptakteuren zu unterbinden. Dies mit dem Ziel, dass über Drittländer die EU-Sanktionen nicht einfuhr- oder ausfuhrseitig unterlaufen werden können. Solche Lücken in der Umsetzung der EU-Sanktionen lassen sich behördenseitig allein nicht schließen. Es bedarf zusätzlich der aktiven Unterstützung der Wirtschaftsakteure in der Union und insbesondere auch von deren Tochterunternehmen in Drittländern. Die EU-Kommission spricht von einer „erweiterten Sorgfaltspflicht“ in ihrem Leitfaden zur Verhinderung von Sanktionsumgehungen vom 8. September 2023 – angesichts der Bedeutung der Sanktionen gegen Russland für den Weltfrieden und des Risikos für EU-Wirtschaftsakteure gegen die vielfältigen und umfassenden Sanktionen zu verstoßen und damit deren Ziele zu gefährden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat diesen Leitfaden aufgenommen und im Dezember 2023 daran mit einem eigenen „Hinweispapier zur Unterstützung der Unternehmen beim Umgang mit warenbezogenen Sanktionen“ angeknüpft. Ergänzt hat das BMWK dieses Hinweispapier am 24. April 2024 noch um einen weiteren Hinweis zur aktuellen Sanktionsumgehung in Bezug auf bestimmte „kriegsrelevante Güter“, die vermehrt über ausländische Tochtergesellschaften von EU-Wirtschaftsakteuren nach Russland gelangen.

I. Klarstellungen des 14. EU-Sanktionspakets zu Umgehungen

Vor diesem Hintergrund hat die EU mit dem 14. Sanktionspaket vom 24. Juni 2024 gegen Russland unter anderem einige Klarstellungen zu Inhalt und Ausmaß der Sorgfaltspflichten von Wirtschaftsakteuren vorgenommen. Mit diesen Klarstellungen will die EU offensichtlich einer möglichen Sorglosigkeit und einem gewissen Phlegma für eine aktivere Verhinderung der Umgehung der EU-Sanktionen gegen Russland entgegenwirken. In diesem Zusammenhang sei die sogenannte „Bemühenspflicht“ der EU-Muttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaft im Drittland erwähnt. Diese Pflicht wurde mit dem neuen Art. 8a VO 833/2014 ausdrücklich kodifiziert (Hervorhebung durch mich):

„Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen bemühen sich nach besten Kräften, sicherzustellen, dass sich außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden, nicht an Handlungen beteiligen, die die restriktiven Maßnahmen gemäß dieser Verordnung untergraben“

Hinzu kam der weitere klarstellende Hinweis im 14. Sanktionspaket, dass eine Beteiligung an Umgehungen auch schon bedingt vorsätzlich erfolgen kann und nicht nur mit Absicht, was sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt (C-72/11, Afrasiabi). Es reicht demnach aus, dass eine Umgehung der Sanktionen durch den Wirtschaftsbeteiligten nur für möglich gehalten und ein möglicher Sanktionsverstoß billigend in Kauf genommen wird. Art. 12 VO 833/2014 erhielt demnach folgenden geänderten Wortlaut (Hervorhebung durch mich):

„Es ist verboten, sich wissentlich und vorsätzlich an Tätigkeiten zu beteiligen, mit denen die Umgehung der in dieser Verordnung vorgesehenen Verbote bezweckt oder bewirkt wird, auch wenn mit der Beteiligung an solchen Tätigkeiten dieser Zweck oder diese Wirkung nicht absichtlich angestrebt wird, es aber für möglich gehalten wird, dass sie diesen Zweck oder diese Wirkung hat, und diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen wird.“

Erwähnenswert ist auch die weitere Klarstellung im 14. Sanktionspaket, dass eine Selbstanzeige von Verstößen als mildernder Umstand zu berücksichtigen ist (Hervorhebung durch mich):

„Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen, gegebenenfalls auch strafrechtliche Sanktionen, fest und treffen alle zur Sicherstellung ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und können die Selbstanzeige von Verstößen gegen diese Verordnung im Einklang mit den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften als mildernden Umstand berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten ergreifen ferner geeignete Maßnahmen zur Einziehung der Erträge aus solchen Verstößen.“

II. Leitfaden der EU-Kommission für EU-Wirtschaftsakteure

Aus den Erfahrungen mit Umgehungen bei der Umsetzung der Sanktionspakete seit der russischen Invasion der Ukraine hat die EU-Kommission einen Leitfaden im September 2023 erstellt, der über die vorstehenden Klarstellungen und die ursprüngliche Mitteilung der EU-Kommission vom April 2022 hinaus mehr praktische Hilfestellung anbieten soll, wobei diese praktische Hilfe (zwangsläufig) auf einer gewissen Abstraktionsebene bleiben muss. Dies aus dem Grunde, dass es leider kein One Fits All Modell für die ideale Umsetzung der Sorgfaltsanforderungen aus den EU-Sanktionen geben kann.

Der Leitfaden beschäftigt sich einleitend mit der Sorgfaltspflicht von EU-Wirtschaftsakteuren. Aus den gegen Russland von der EU verhängten beispiellosen Sanktionen und deren faktisch stattfindender fortgesetzten Umgehung, erwächst aus Sicht der EU-Kommission ein erhöhtes Risiko für Wirtschaftsakteure in der EU gegen diese zu verstoßen und dadurch die russische Regierung im Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Aus diesem erhöhten Risiko leitet die EU-Kommission eine „erweiterte Sorgfaltspflicht“ in Bezug auf die Einhaltung der Sanktionen und Verhinderung von Umgehungen ab, insbesondere für Hochrisikosektoren und komplexe Lieferketten.

Aus der erweiterten Sorgfaltspflicht folgt die Notwendigkeit einer angemessenen Sorgfaltsprüfung. Eine solche soll die Besonderheiten des jeweiligen Geschäfts eines EU-Wirtschaftsakteurs und des damit verbundenen Risikos gegen Sanktionen zu verstoßen ermitteln und bewerten. Es sei demnach Sache jedes Wirtschaftsakteurs ein EU-Programm (= Internal Compliance Programme, ICP) zur Einhaltung von Sanktionen zu entwickeln, umzusetzen und routinemäßig zu aktualisieren, das seine individuellen Geschäftsmodelle, geografischen Tätigkeitsbereiche und Besonderheiten sowie die damit verbundene Risikobewertung in Bezug auf Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter widerspiegelt.

III. Umsetzung der erweiterten Sorgfaltspflichten

Aus Sicht der EU-Kommission sollte zur Umsetzung der erweiterten Sorgfaltspflichten eine strategische Risikobewertung durchgeführt werden, die aus folgenden fünf Schritten besteht, die von der EU-Kommission mit Beispielen unterlegt werden:

1. Ermittlung von Bedrohungen und Schwachstellen:

EU-Wirtschaftsteilnehmer sollten die wichtigsten Techniken, die von russischen Akteuren zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden, sowie neue Muster im Auge behalten. Sie sollten auch die Arten von Produkten, Transaktionen und wirtschaftlichen Tätigkeiten innerhalb ihres Leistungsspektrums ermitteln, bei denen das Risiko besteht, dass sie in Techniken zur Umgehung von Sanktionen gegen Russland verwickelt werden.

Als ein Beispiel führt die EU-Kommission hierzu einen in der EU ansässigen Hersteller von Halbleiterbauelementen an, dem allgemein bekannt ist, dass seine Waren in Russland sehr gefragt sind und ihre Ausfuhr aus der EU nach Russland verboten ist. Das Volumen der Ausfuhren in Drittländer, mit denen der Handel mit solchen Gütern bisher begrenzt oder gar nicht vorhanden war, nimmt zu.

2. Risikoanalyse:

Die Marktteilnehmer sollten die Art der Risiken bewerten, denen ihr Sektor, ihre Produkte und ihre Wirtschaftstätigkeiten ausgesetzt sind und verstehen, wie diese Risiken eintreten können. Zu diesem Zweck können sie Risikoindikatoren, Typologien und andere relevante Informationen verwenden, die öffentlich zugänglich oder Teil ihres Fachwissens sind.

Als ein Beispiel führt die EU-Kommission an, dass ermittelte Risiken sein könnten, dass es Versuche gibt, Waren über Drittländer nach Russland zu verbringen und dieses Risiko vermieden werden kann durch eine verbesserte Bewertung des Risikos durch geschultes Personal, die Überwachung der vertraglichen Vereinbarungen für Kunden und Geschäftspartner und die Sicherstellung der Verarbeitung und Endverwendung des Produkts.

3. Konzeption von Maßnahmen zur Risikominderung:

Wie können die Risiken vermieden werden? Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um diese Risiken zu minimieren? Welche nationalen Behörden sind zuständig, um die EU-Wirtschaftsakteure für das Risiko zu sensibilisieren und ihnen Leitlinien bereitzustellen?

4. Umsetzung von Risikominderungsmaßnahmen:

Um das Umgehungsrisiko zu mindern, sollten EU-Wirtschaftsakteure, die in ihrem Unternehmen Bereiche mit höherem Risiko ermitteln, die Ergebnisse der Schritte 2. und 3. gegebenenfalls proaktiv in ihre internen Risikomanagementpraktiken und -verfahren einbeziehen und über Kontrollen verfügen, um das wirksame Funktionieren dieser Verfahren zu testen.

5. Regelmäßige Aktualisierung:

Die Entwicklung der Umgehungstechniken und der Einsatz immer komplexerer Umgehungsmethoden erfordern, dass die Kartierung von Bedrohungen und Schwachstellen bei Bedarf aktualisiert wird, z. B. wenn Sanktionen geändert oder neue Sanktionen erlassen werden, und zwar in jedem Fall regelmäßig. Dies setzt voraus, dass der EU-Wirtschaftsakteur über entsprechende Verfahren verfügt, um die erforderlichen Informationen (z. B. Sanktionsvorschriften, Umgehungstechniken, Handelsströme zur Umgehung) zu verfolgen und auf dem neuesten Stand zu halten. Die Sensibilisierung und Schulung des Personals zu diesen Themen sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus wird von der EU-Kommission empfohlen, dass die Geschäftsleitung eines Unternehmens persönlich eingebunden und regelmäßig durch Compliance-Beauftragte des Unternehmens über identifizierte Risiken und ergriffene Maßnahmen informiert wird.

Durch die Einführung eines Ansatzes zur Risikobewertung und zum Risikomanagement in Bezug auf Umgehungen tragen die Wirtschaftsakteure in der EU dazu bei, dass die zur Verhinderung oder Eindämmung der Umgehung ergriffenen Maßnahmen zu den ermittelten Risiken in einem angemessen Verhältnis stehen.

Die Umsetzung der Risikobewertung und des Risikomanagements sollte es den EU-Wirtschaftsakteuren auch ermöglichen, ihre Anstrengungen auf die wirklich kritischen Fälle zu konzentrieren und so ihre Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen.

IV. In a Nutshell – Umsetzung erweiterter Sorgfaltspflichten

Wie sich die EU-Kommission und das BMWK die Umsetzung dieser erweiterten Sorgfaltspflichten vorstellen, sollen die beiden nachfolgenden Darstellungen zusammenfassen.

Zunächst soll ein risikobasierter Ansatz helfen, bei welchem sich die EU-Wirtschaftsakteure auf die Sektoren konzentrieren sollen, die als am stärksten Umgehungsrisiken ausgesetzt gelten. Dementsprechend sollen die EU-Wirtschaftsakteure „angemessene Systeme“ (= Internal Compliance Programme, ICP) einrichten, um das Eintreten dieser Risiken zu verhindern.

Aufbauend auf dem Leitfaden der EU-Kommission gibt das BMWK in seinem Hinweispapier vom 20.12.2023 drei typische Risikoindikatoren vor und nennt zu diesen jeweils einige Beispiele, die (Stand heute) Hinweise auf Sanktionsumgehungen geben können.

Um das Ganze weniger abstrakt zu machen, dient die nachfolgende Darstellung der vier „W-Fragen“, die bei jedem exportkontrollrechtlich oder sanktionsrechtlich zu bewertenden Sachverhalt möglichst klar beantwortet werden sollten:

Zu den risikominimierenden Maßnahmen werden im Leitfaden der EU-Kommission und Hinweispapier des BMWK neben dem Know your Customer-Ansatz zu deren Zuverlässigkeit immer auch vertragliche Vereinbarungen vorgeschlagen, mit denen sich Kunden zur Compliance mit den EU-Sanktionen verpflichten sollen. Die Vorstellungen der EU-Kommission zu solchen Vereinbarungen entsprechen dabei ihren Formulierungsvorschlägen zur „No-Russia-Clause“ nach Art. 12g der VO 833/2014.

V. Die möglichen Folgen mangelnder (erweiterter) Sorgfalt

Es ist Sache der EU-Mitgliedstaaten, Sanktionen zu verhängen und durchzusetzen. Die EU- Kommission hat die Aufgabe, eine einheitliche Umsetzung in der gesamten Union zu gewährleisten und die Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten zu überwachen.

Wird ein sanktionierter Gegenstand, der aus der EU in ein Drittland ausgeführt wird, als solcher nach Russland wiederausgeführt, können die zuständigen Behörden das Versäumnis des EU-Ausführers, eine angemessene Sorgfaltspflicht walten zu lassen, als Verstoß gegen das EU-Sanktionsrecht betrachten.

Für Verstöße legen die EU-Mitgliedstaaten nach ihrem nationalen Recht die Sanktionen, gegebenenfalls auch strafrechtliche Sanktionen, fest. Diese nationalen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass am 19. Mai 2024 eine EU-Richtlinie (2024/1226 vom 24. April 2024) in Kraft trat, die auf ein harmonisiertes nationales Sanktionsstrafrecht in der EU abzielt und im Ergebnis eine weitere Verschärfung für Verstöße im Sanktionsrecht bedeutet, wodurch den Sorgfaltspflichten im Sanktionsrecht für EU-Wirtschaftsakteure noch mehr Nachdruck verliehen wird.

Unter anderem sollen nach der Richtlinie neben natürlichen Personen auch juristische Personen für strafbare Sanktionsverstöße haftbar gemacht werden. Das Höchstmaß für juristische Personen soll ein Bußgeld von mindestens 5 % des weltweiten Umsatzes oder mindestens 40 MEUR sein. Diese Geldbußen sollen in Fällen von Organisationsverschulden greifen. Daher bei mangelnder Sorgfalt bzw. einem mangelhaften oder gänzlich fehlendem Internal Compliance Programme.

Die EU-Kommission und das BMWK möchten zudem, dass im Bereich des Handels mit Gütern jede substantiell verdächtige Tätigkeit im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen (vgl. Art. 6b VO 833/2014) der zuständigen nationalen Behörde, wie z. B. den zentralen Meldestellen, den Zoll- und Grenzbehörden oder gegebenenfalls der zuständigen Aufsichtsbehörde, gemeldet wird.

VI. Die explizite Aufnahme erweiterter Sorgfaltspflichten in Sanktions-Verordnungen

Mit dem 14. Sanktionspaket gegen Russland (2024(1745 vom 24.06.2024) und der Änderung der Sanktions-VO gegen Belarus (2024/1865 vom 29.06.2024) wurden für:

„gemeinsame vorrangige Güter“ (= „gemeinsame Güter hoher Priorität“ im Sinne der Belarus-Sanktions-VO oder auch allgemein „Common High Priority List“ oder „kriegswichtige“ Güter) des Anhangs XL der Russland-Sanktions-VO, bzw. des Anhangs XXX der Belarus-Sanktions-VO,

die vorstehend von der EU-Kommission im Leitfaden vom 8. Sept 2023 beschriebenen erweiterten Sorgfaltspflichten in Form einer Risikobewertung und eines Risikomanagements explizit aufgenommen.

Hier exemplarisch aufgezeigt anhand des Art. 12gb der Russland-Sanktions-VO 833/2014 (Hervorhebung durch mich):

„Artikel 12gb:
(1)    Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die in Anhang XL dieser Verordnung aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter verkaufen, liefern, verbringen oder ausführen, gehen ab dem 26. Dezember 2024 wie folgt vor:
a)      Sie unternehmen zur Ermittlung und Bewertung der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Schritte, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, und stellen sicher, dass diese Risikobewertungen dokumentiert und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
b)      Sie setzen zur Minderung und zum wirksamen Management der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Strategien, Kontrollen und Verfahren um, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, unabhängig davon, ob diese Risiken auf ihrer Ebene oder auf Ebene des Mitgliedstaats oder der Union festgestellt wurden.
(2)    Absatz 1 gilt nicht für natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die in Anhang XL aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter nur innerhalb der Union oder an in Anhang VIII der vorliegenden Verordnung aufgeführte Partnerländer verkaufen, liefern oder verbringen.
(3)    Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen stellen ab dem 26. Dezember 2024 sicher, dass außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden und die in Anhang XL aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter verkaufen, liefern, verbringen oder ausführen, die Anforderungen in Absatz 1 Buchstaben a und b erfüllen.
(4)    Absatz 3 findet keine Anwendung, wenn eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung aus unvermeidbaren Gründen nicht in der Lage ist, die Kontrolle über eine juristische Person, Organisation oder Einrichtung auszuüben.

Deutschland hatte sich bei den Beratungen zum 14. Sanktionspaket gegen Russland in Bezug auf Tochtergesellschaften in Drittländern gegen eine Verpflichtung zu Vertragsklauseln über das Verbot einer Wiederausfuhr gemeinsamer Güter hoher Priorität nach Russland gesperrt. Daher soll als Kompromiss gemäß den Erwägungsgründen (32) zunächst die EU-Kommission die Notwendigkeit einer solchen möglichen Verpflichtung für Tochtergesellschaften in Drittländern untersuchen. Unabhängig davon ist mit dem 14. Sanktionspaket gegen Russland die neue Bemühenspflicht nach Art. 8a der VO 833/2014 am 25. Juni 2024 in Kraft getreten.

VII. Fazit

Die von der EU geforderten erweiterten Sorgfaltspflichten für EU-Wirtschaftsakteure und deren Töchter im Drittland sollen präventiv Sanktionsverstöße/-umgehungen vermeiden und somit dem Ziel dienen, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entgegenzuwirken. Zur Umsetzung dieser erweiterten Sorgfaltspflichten in die Praxis benötigen Unternehmen ein ihren spezifischen Risiken im Sanktionsrecht angemessenes Internal Control Programme (ICP).

Verstöße gegen das EU-Sanktionsrecht dürften zukünftig – nach der bis spätestens zum 20. Mai 2025 erforderlichen Umsetzung der neuen EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Sanktionsstrafrechts in den Mitgliedstaaten – EU-weit noch schärfer als heute verfolgt und geahndet werden. Unabhängig davon kann bereits eine Nähe zu einem (un-)gewissen Sanktionsverstoß enorme Reputationsschäden für die Beteiligten verursachen.

EU-Unternehmen, die bereits über ein ICP im EU-Sanktionsrecht, bzw. Exportkontrollrecht verfügen, sollten angesichts der aufgezeigten Entwicklungen dieses überprüfen und gegebenenfalls anpassen. EU-Unternehmen, die im internationalen Handel mit Gütern tätig sind und über noch kein nennenswertes ICP für das EU-Sanktionsrecht verfügen, ist dringend anzuraten ein solches entsprechend angemessen anhand ihrer speziellen Risiken zu erstellen.