Russland reagierte auf die neuen US Sanktionen wie üblich, nämlich als aus seiner Sicht ungerecht Behandelter und mit Gegenmaßnahmen. Es droht im weiteren Verlauf eine Eskalationsspirale, die auch die Europäische Union jederzeit miterfassen könnte.
So gezielt, wie US Finanzsanktionen als sogenannte „targeted sanctions“ wirken sollen, so selten gelingt es ihnen doch diesem Anspruch vollends gerecht zu werden. So sind erfahrungsgemäß durch solche gezielten Sanktionen neben klar beabsichtigten Wirkungen oft auch andere Bereiche der Wirtschaft kollateral betroffen.
Die neuen US Sanktionen sollten daher für deutsche/europäische Unternehmen/Finanzinstitute mit Russlandgeschäft zum Anlass genommen werden nach den direkten und möglichen kollateralen Auswirkungen zu schauen, sich darüber hinaus auf Schlimmeres durch mögliche Eskalationen vorzubereiten und die weiteren Entwicklungen im Auge zu behalten.
Was genau und wen haben die USA jetzt sanktioniert?
- Zum einen wurden über 30 Personen und russische Unternehmen neu auf die „schwarze“ Liste (SDN List) der US Finanzbehörde OFAC gesetzt, womit deren Vermögen – soweit es dem US Zugriff unterliegt – eingefroren ist. Mit diesen gelisteten Personen oder auch mit bestimmten von diesen Personen kontrollierten Unternehmen, dürfen keine Geschäfte gemacht werden. Zu befolgen sind diese US Sanktionen von US Personen. Auch für Nicht-US Personen besteht die Gefahr dann gegen US Recht zu verstoßen, wenn sie sich wissentlich an für US Personen verbotenen Aktivitäten mindestens beteiligen. Neu gelistet wurden von den USA insbesondere sechs russische Unternehmen aus dem Technologiebereich, die mit dem russischen Militär und Geheimdiensten in besonderer Verbindung stehen sollen, nämlich:
- ERA Technopolis
- Pasit, AO (Pasit)
- Federal State Autonomous Scientific Establishment Scientific Research Institute Specialized Security Computing Devices and Automation (SVA)
- Neobit, OOO (Neobit)
- Advances System Technology, AO (AST)
- Pozitiv Teknolodzhiz, AO (Positive Technologies)
- Zum anderen wird US Finanzinstituten verboten:
die Teilnahme am Primärmarkt für Anleihen (in Rubel- oder Nicht-Rubel), die nach dem 14. Juni 2021 von der Zentralbank der Russischen Föderation, dem Nationalen Vermögensfonds der Russischen Föderation oder dem Finanzministerium der Russischen Föderation begeben wurden;
und
die Vergabe von Krediten (in Rubel oder Nicht-Rubel) an die Zentralbank der Russischen Föderation, den Nationalen Vermögensfonds der Russischen Föderation oder das Finanzministerium der Russischen Föderation.
In Rubel begebene russische Staatsanleihen waren bisher gut verzinst und daher international begehrt. Russland nutzte das daraus eingenommene Kapital zur Staatsfinanzierung. Durch die neuen US Sanktionen hat bereits ein gewisser Ausverkauf dieser Anleihen unter den ausländischen Investoren begonnen. Das russische Finanzministerium sah sich deshalb unmittelbar nach der Bekanntgabe der Sanktionen zum Eingreifen veranlasst, um so Verwerfungen an den Kapitalmärkten zu verhindern.
Wer alles unter den Begriff US Finanzinstitut fällt, definiert die Directive 1 selbst. Der Begriff umfasst sowohl die ausländischen Niederlassungen, Büros und Agenturen von US Finanzinstituten, wie auch die US Niederlassungen, Büros, Agenturen ausländischer Finanzinstitute.
Ausblick
Die jetzt verhängten US Sanktionen hätten noch deutlich schärfer ausfallen können. Nach den Aussagen der US Regierung habe sich Präsident Biden jedoch entschlossen „verhältnismäßig“ zu reagieren. Klar ist somit, dass die US Regierung noch weitere und schärfere US Sanktionen für Russland im Köcher vorhält. Dass US Finanzsanktionen enorme globale ökonomische Auswirkungen entfalten können, zeigt sich immer noch am deutlichsten am Beispiel des Iran. Ein avisiertes zukünftiges Gipfeltreffen zwischen Biden und Putin soll der Deeskalation dienen. Bis dato scheint ein solches Gipfeltreffen möglich zu sein und dies signalisiert zumindest positiv die beiderseitige Gesprächsbereitschaft für eine neue Skalierung der politischen Beziehungen nach Trump.